OÖ-Beitrag zur Schach-Olympiade 2024

45. Schach Olympiade 11.-22.9.2024

https://chessolympiad2024.fide.com

https://chess-results.com/tnr967173.aspx?lan=0

Jeder aktive Schachspieler träumt davon, einmal bei einem großen, weltweiten Schachturnier mit den Topleuten in einen Turniersaal zu sein.

Da sich mein schachliches Können seit Jahrzehnten auf ein Mittelmaß beschränk (von vielen Turnierspieler in meiner Jugend bin ich mittlerweile nur noch zum wirklichen Hobbyspieler geworden), nutzte Ich heuer die Chance und versuchte den Weg über meine Tätigkeit als Schiedsrichter.

Erforderlich dafür war meine Bewerbung, welche ich im Jänner diese Jahres auch abgab. Lange hörte Ich nichts – ob meine Qualifikation als „International Arbiter (IA)“ sowie langjähriger Schiedsrichter der 1.Frauen Bundesliga Österreich – dafür ausreichen würde. Zwischenzeitlich erhielt ich eine Info, dass von den 2 österreichischen Bewerbungen nur Einer akzeptiert wird, und so hatte ich mich bereits abgefunden, eben nicht daran teilnehmen zu können.

Umso größer war die Freude als ich dann Anfang Juni ein Email vorfand, worin ich meine Teilnahme innerhalb kürzester Zeit bestätigen sollte.

Da mein Urlaub jedoch bereits anderweitig verplant war, galt es nun also mit dem Arbeitgeber eine Lösung zu finden, und so konnte ich dann doch rückbestätigen dass ich teilnehmen werde.

Beim ersten von vier online Meetings im August erfuhr ich dann, dass es 745 Bewerbungen aus 130 Nationen für die zu vergebenden 170 Match-Schiedsrichter gab.

Die online Konferenzen dienten dazu uns die FIDE Schachregeln sowie die für die Schach-Olympiade speziellen Anforderungen und Verhaltenskodexe näher zu bringen.

Nachdem ich zwischenzeitlich auch mit dem zweiten Österreichischen Teilnehmer Kaweh Kristof aus dem Burgenland Kontakt aufgenommen hatte, kamen wir überein auch das Hotelzimmer gemeinsam zu teilen.

Natürlich war die Vorfreude groß, aber gleichzeitig auch die Anspannung und die Erwartungshaltung meinerseits, ließ mich mit Demut an die Sache ran gehen.

Am 10. September ging es dann endlich los und aus der geplanten 4-Stunden-Zugfahrt von Linz nach Budapest wurde eine 5-stündige, wobei mir die genauen Umstände der Verspätung nicht bekannt waren.

Angekommen am Bahnhof Budapest-Keleti ging es zu Fuß ca. 500 m ins etwa 10 Minuten entfernte Hotel Danubius Hungaria.

Dieses Hotel sollte dann der Stützpunkt für die gesamte Schiedsrichterriege sowie außerdem noch jede Menge aktiver SpielerInnen von Ländern wie Vanuatu, St. Lucia, Äquatorial Guinea, British Virgin Islands, Tschad, Malta, werden – um nur einige aufzuzählen. Bis zum 23.9. gab es in diesem Hotel ausnahmslos nur Schach-Begeisterte. 🙂

Am Abend des 10. fand dann die Eröffnungsfeier statt und dort wurde mir auch erstmals richtig bewußt, welche Möglichkeit mir damit geschaffen wurde. Plötzlich war auch ich Teil einer ganz großen Schachfamilie und das nur aufgrund meiner bevorstehenden Aufgabe.

Der 11.9. startete mit dem Frühstück und anschließend fuhren wir mit dem offiziellen Olympia Bus-Shuttle in die BOK-Arena, welcher der offizielle Austragungsort war. Das Betreten dieses Gebäude empfand ich als Ehre und gleichzeitig sah ich auch, welcher Aufwand für diese Art an Veranstaltung dafür notwendig war. Sie es von der Eingangskontrolle (= Fair Play Check Schleusen) bis hin zu den diversen Sektoren-Einteilungen der einzelnen Bretter aber auch wie einfach es sein kann für fast 2.000 Schachspieler gute, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.

Nachdem unser geplantes erstmaliges Treffen mit dem Haupt-Schiedsrichter relativ schnell beendet war, wurden wir – in den uns vom Organisationskomitee geschenkten „blauen Arbiter Polos“ – in den im Vorfeld zugeteilten Sektor entlassen.

Mein Sektor war 12 im Frauenbewerb und dies war gleichzeitig auch der Letzte von allen, aber er war genauso international aufgeteilt wie die anderen, z.B. Sektor-Arbiter aus Brasilien, Match-Arbiter aus Argentinien, El Salvador, Nigeria, Ghana, Trinidad & Tobago, Pakistan, Uzbekistan, Spanien.

Bedingt durch einige Nichtteilnahme verschiedener Nationen – Großteils aufgrund Visa-Schwierigkeiten, aber auch kurzfristiger Ausfälle von Schiedsrichter in anderen Sektoren – wurde unser Sektor noch vor Beginn aufgelöst und wir arbeiteten gemeinsam mit den Kollegen aus Sektor 10 zusammen. Das Motto war ja: Wir sind ein Team !!

Nachdem ich an diesem Tag gemeinsam mit Kaweh den Fußweg retour zum Hotel angetreten hatte, wußte ich nun auch das ein ca. 30-Minuten-Fußweg bei Sonnenschein etwas zum Genießen ist.

Nach dem Mittagessen ging es dann in dem vorgeschriebenen Dresscode und ohne Mobiltelefon oder andere elektronische Sachen mit dem Bus-Shuttle wieder zur BOK Halle. (So oder ähnlich, sollte es dann auch während der restlichen Olympiade – für mich bzgl. Transport – ablaufen).

Gespannt wartete ich, welcher Wettkampf mir zu gewiesen wurde und das es jener bei den Frauen auf den Tischen-Nr. 77 zwischen Mauritius und El Salvador sein würde war zwar interessant, jedoch wusste ich damals noch nicht, das ich insgesamt 8x auf diesen Tisch-Nr. 77 zum Einsatz kommen würde.

Nach 2,5 Stunden war der Wettkampf mit einen 4:0 Sieg der Frauen aus Mittelamerika relativ schnell vorbei, aber auch in den weiteren 10 Runden war ich nie länger als 3,5 Stunden im Einsatz. Gesamt bezog sich meine Einsatzzeit auf Ø 3 Stunden.

Mein österreichischer Kollege war mir dies manchmal etwas neidig, da er im Sektor 4 doch etwas länger im Einsatz war und einmal sogar fast 5,5 Stunden. Dafür hatte er sicher einige interessante Partien zu beobachten, während ich mir teilweise vorkam, als würde Ich bei eine Anfängerbewerb tätig sein, so viele Figuren-, Damen- und sonstige Einsteller wurden dort praktiziert, und von dem Übersehen der Einzügigen Matts möchte ich hier gar nicht schreiben.

Apropos schreiben – je länger das Turnier dauerte umso öfter mußten wir die DGT Bretter mit unserer selbst gebastelten Notations-Streifen (für die Reihe, Linie) ausstatten.

Besonders gefreut hat mich auch, als ab 14.9. – der BESTE Schachfotografs Österreichs – Peter Kranzl vor Ort war und wie immer beeindruckende Fotos für die Schachwelt praktizierte.

https://schachunddarts.at/Chess%20Olympiad%20Budapest/

Überrascht war ich auch als mich ein Reporter der OÖ Kronen Zeitung kontaktierte und mich bat ihm einiges über die Olympiade zu erzählen. Prompt folgte ein Bericht am nächsten Tag.

Die ersten Vormittage verbrachte Ich noch in den Hotel-Räumlichkeiten, aber als am 15.9. das  Fair-Play Seminar, welches ich gemeinsam mit Kaweh sowie der extra dafür angereisten Annika Fröwis, startete, war für die nächsten 4 Tage der komplette Tag nur mit Schach ausgefüllt. Positiv sei erwähnt das wir Drei auch die Prüfung erfolgreich  – auf Englisch – ablegten und uns somit nun „Fair Play Expert Candidates“ nennen dürfen.



https://fpl.fide.com/2024/09/26/successful-conclusion-of-the-fide-fair-play-seminar-in-budapest-hungary/

Die Mitte des Turniers am 16.9. stattgefundene „Bermuda Party“ war die einzige Gelegenheit um den Großteil der Topstars auch einmal abseits des Schachbrettes zu sehen.

Nach dem das Fair Play Seminar mich immer früh aus dem Bett trieb behielt ich dies bei und nutzte nun die Vormittags-Stunden um mir die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzusehen. Auch hier hatte mittlerweile das Hochwasser Einzug gehalten und so war auch die Donau an einigen Stellen übergelaufen.

Das Turnier verlief für mich ansonsten ohne größere Probleme, ich hatte kaum Grund in irgendeiner Partie einzugreifen und war dennoch froh als nach 11 Runden in 12 Tagen am 22.9. die 45.Schach Olympiade mit einer Rekordteilnehmerzahl an Nationen beendet wurde.
Zumindest einige Mitgliederstaaten der FIDE (wie Jersey, Guernsey), werden mir jetzt in Erinnerung bleiben.

Schade fand ich es, dass es so überhaupt keinen Kontakt von uns zwei österreichischen Schiedsrichter zu unseren Beiden Nationalteams gab.

Die Schlusszeremonie mit den Ehrungen für die verschiedenen Brett- & Kategoriepreise verfolgte ich mit Kaweh von der „Zuschauertribühne“ (so wie es uns mitgeteilt wurde).

Schließlich brachte mich am 23.9. in den frühen Morgenstunden die ÖBB wieder zurück nach Linz und dort spürte auch ich erstmals die Auswirkungen der einer Woche zuvor stattgefundenen Hochwasserflut in der Heimat. Mein ursprünglicher Zug wurde gestrichen und mit dem Ersatzzug – voll gefüllt bis auf den letzten Platz – ging es dann mit umsteigen in Wien und etliche Wartezeiten Richtung Heimat um nach 6 Stündiger Reisezeit dann Wohlbehalten wieder in meine eigenen vier Wände angekommen zu sein.

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