Postlmayer Jakob bei der Schnell- und Blitzschach-WM in Kasachstan

Als ich erfuhr, dass ich an der Schnell- und Blitzschach-WM 2022 teilnehmen darf, kam mir die legendäre erste Whatsapp-Nachricht meines „Käptens“, Traunwieser Georg, in den Sinn: „Der Feind ist übermächtig, die Lage hoffnungslos, aber die Aussicht auf Ruhm und Ehre auf dem Brett, das die Welt bedeutet, sind intakt.“

Zwar
bezog sich Dr. Traunwieser damit nicht auf meine Teilnahme bei der WM, sondern
den ersten Aufstieg unseres Vereins in die 2. Bundesliga. Jedoch beschrieb es
meine Situation bei diesem Wettkampf sehr gut. Nichtsdestotrotz war ich top
motiviert und konnte es kaum erwarten, bei einem so stark besetzten Turnier
mitzuspielen. Ein großer Teil der Weltspitze nahm daran teil: Carlsen, Nepomniachtchi,
Caruana, Giri, MVL, Grischuk, nur um einige zu nennen.

Purgin
Dmitriy und ich kamen bereits am 24.12. in Kasachstan an, deshalb hatten wir
Zeit, vor Beginn der WM an einem lokalen Schnellschachturnier teilzunehmen. Am
Ende hatten drei Spieler 6 aus 7 Punkte, darunter FM Isanzhulov Arystan,
Khusenkhojaev Mustafa und ich. Dank der besseren Zweitwertung konnte ich das
Turnier für mich entscheiden und mich über 20.000 Tenge (ca. 40€) Preisgeld
freuen.

Bereits
in der ersten Runde am 26.12. wurde mir mit GM Sanal Vahap der stärkste Gegner
vorgesetzt, gegen den ich je „over the board“ gespielt habe. Nach einem sehr
schlechten Start (0/3) spielte ich in der 4. Runde gegen den 12-Jährigen FM Begmuratov
Khumoyunaus aus Usbekistan. Nach fast 50-minutigem Kampf einigten wir uns auf
ein Remis. Nach einem schwachen ersten Tag (0,5/5) wollte ich mich natürlich
verbessern. Erfreulicherweise machte ich am 2. Tag zwei Remis gegen 2 IMs und
besiegte einen CM. Den dritten Tag begann ich sehr stark mit einem Sieg über IM
Shishkov Andrei und einem Remis gegen IM Saraci Nderim. Danach verlor ich
leider meine letzten zwei Schnellschachpartien gegen zwei Großmeister. Das Turnier
beendete ich mit 4/13 und 10,2 Elo im Plus.

Am
29.12. begann die Blitzschach-WM. Wieder gelang es mir erst in der 4. Runde anzuschreiben,
wobei ich gegen FM        Mamatov Melis
gewann. Nach diesem Sieg verlor ich leider vier Partien in Folge und bekam
daraufhin spielfrei. Erst in der 10. Runde durchbrach ich meinen Verlust-Streak
und machte ein Remis. Insgesamt machte ich an diesem Tag nur 3,5/12 Punkten. Dementsprechend
war ich am 2. Tag eher pessimistisch, was meine Form anging. Zu Unrecht, wie
sich herausstellen sollte! Nach 1,5/2 Punkten gegen zwei sehr junge Spieler aus
Kasachstan (beide Jahrgang 2008) gewann ich in der 15. Runde gegen GM Sankalp
Gupta. Diese Partie ist zweifellos meine beste und spektakulärste Partie beider
Turniere. Ich opferte einen Turm und berechnete das Matt einige Züge im Voraus.
Und es kam genauso aufs Brett, wie ich antizipiert hatte! Leider kassierte ich
daraufhin zwei Niederlagen gegen die Großmeister Maze Sebastien und Kostenko
Petr. In Runde 18 spielte ich gegen GM Gadimbayli Abdulla und konnte mit etwas
Glück die beidseitige Zeitnot für mich entscheiden. Die letzten drei Runden
beendete ich mit 1,5/3 und machte so insgesamt 8,5/21 Punkte. Damit gewann ich 7,8
Elopunkte und verbesserte meinen Startrang von 164 auf 154.

Die
Teilnahme an der WM war für mich eine großartige Erfahrung. Bisher hatte ich
noch keinen Topspieler auch nur aus der Nähe gesehen, und auf einmal spielte
ich mit ihnen im selben Turnier. Magnus Carlsen sah sogar zwei Mal bei meinen
Partien zu, als ich gegen Spieler aus Norwegen spielte.

Das
Turnier war gut organisiert und die Spielbedingungen waren grundsätzlich sehr
gut. In der Spielerlounge gab es für alle Spieler gratis Snacks und Getränke. Die
Organisatoren nahmen die Sicherheitsmaßnahmen sehr ernst; sogar als Zuschauer
musste man sein Handy abgeben, bei den Eingängen gab es Metalldetektoren, und
es fanden zahlreiche zufällige Anti-Cheating-Tests statt. Leider wurden die
Auslosungen für die nächste Runden erst kurz vor Beginn der Runde
veröffentlicht, und der Dresscode wurde nicht immer strikt durchgezogen.

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